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Tin Pan Alley – Straße der Hits

von Christian Christl

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Sicherlich hat jeder, der sich mit Jazz, Blues, Boogie Woogie oder Swing beschäftigt, den Ausdruck „Tin Pan Alley“ schon einmal gehört. Aber was steckt dahinter, woher kommt der Name?

Tin Pan Alley könnte man getrost mit „Blechpfannen-Gasse“ übersetzen. Zwischen 1860 und den 1930er Jahren ist damit die Ecke zwischen 28th Street und 6th. Avenue im New Yorker Stadtteil Manhatten gemeint. Musikverlage hatten sich dort angesiedelt, und weil das heillos durcheinander Klimpern dutzender Komponisten an ihren Klavieren weit über die Straße zu hören war, nannten die Menschen diesen kleinen Teil bald eben „Blechpfannen-Gasse“.

Derweilen entstanden dort in rund 70 Jahren einige der größten Hits, die heute noch Bestand haben: „All of me“ zum Beispiel, oder auch „Are you lonesome tonight“. Komponisten und Textdichter Irving Berlin, George Gershwin, Cole Porter oder auch Hoagy Carmichael verdienten hier ihr Geld genaus wie Fats Waller, James P. Johnson oder auch Scott Joplin.

Im Jahr 2019 befasste sich die New York City Landmarks Preservation Commission mit der Frage, fünf Gebäude auf der Nordseite der Straße als Tin Pan Alley Historic District zu erhalten. Auf Antrag des Tin Pan Alley American Popular Music Projects sollten fünf Häuser in der 28. Straße West, die Nummern 47 – 55 als Wahrzeichen anerkannt werden, was auch genehmigt wurde.

Am 2. April 2022 wurde die 28th Street zwischen Broadway und 6th Avenue von der Stadt New York im Rahmen einer Feier offiziell in „Tin Pan Alley“ umbenannt.

Der Beginn der Tin Pan Alley wird üblicherweise auf das Jahr 1885 datiert, als sich eine Reihe von Musikverlagen im selben Bezirk Manhattans niederließen. Doch es soll schon vorher Musikverlage an dieser Ecke Manhattans gegeben haben.

Das Ende der Tin Pan Alley wird von einigen Fachleuten auf den Beginn der Weltwirtschaftskrise in den frühen 1930er Jahren datiert.

Andere wiederum meinen, dass Tin Pan Alley bis in die 1950er Jahre fortbestanden hatte. Zu dieser Zeit etablierte sich das Brill Building für die neue, moderne Musik namens Rock`n Roll.

Wo kommt der Name nun tatsächlich her?

Wie so oft streiten sich die Gelehrten bis heute, woher der Name „Tin Pan Alley“ nun wirklich kommt. Einige sagen, der Journalist Monroe H. Rosenfeld hätte im New York Herald den kollektiven Klang billiger Klaviere beschrieben, die alle wie „Blechpfannen“ klangen. Allerdings wurde bis heute kein Artikel von Rosenfeld gefunden, der den Begriff verwendet.

Eine andere Geschichte ist die aus einem Buch von 1930 über das Musikgeschäft. Der Komponist Harry von Tilzer soll sein Klavier mit Papierstreifen beklebt haben, damit es perkussiver klingt. Ein Journalist meinte, jetzt klinge es wie eine „Blechpfanne“.

Erstmals öffentlich taucht der Name „Tin Pan Alley“ 1908 in einem Artikel gleichen Namens im Hampton Magazin auf. Hier geht es um die 28. Straße in Manhattan.

 

Vor dieser Veröffentlichung war „Tin Pan Alley“ übrigens ein Slangwort für ein herunter gekommenes Klavier. Erst danach schwappte der Begriff über in die Musikwelt und bedeutete so viel wie „Hit-Geschäft“ und diente zur Beschreibung der Musik-Branche. Ähnliches entwickelte sich auch in England. Die Denmark Street im Londoner West End wird als „Britain`s Tin Alley“ bezeichnet, weil auch in dieser relativ kleinen Straße viele Musikverlage ansässig waren.

Strengere Kontrolle von Urheber-Rechten

Urheber-Rechte an Melodien und Textzeilen war immer ein großes Problem. Durch die Tin Pan Alley veränderte sich aber vieles zum besseren. Musikverlage achteten mit juristischen Argus-Augen darauf, dass die Melodien, die ihre Komponisten schrieben, auch rechtlich gut abgesichert waren. Da waren sich alle Musikverlage einig und arbeiteten diesbezüglich auch eng miteinander. Kein Wunder also, dass die Plattenfirmen schnell begannen, Songs, die sie aufnehmen wollten, in der Tin Pan Alley zu kaufen. Und nicht Gefahr liefen, dass jemand anderer ihnen ein Stück der Torte wegschnappen konnte in dem er ähnliche Melodie-, oder Textteile nutzte.

Die Branche der Musikverleger war ein junger Geschäftszweig, der im 19. Jahrundert in Boston seinen Anfang nahm, dann nach Philadelphia, Chicago und Cincinnati zog bevor New York zum Hauptsitz vieler Verlage wurde.

Die meisten konzentrierten sich auf Vokalmusik, weniger auf Märsche oder klassische Musik. Zu erwähnen sind Willis Woodard und TB Harms, die versuchten ausschließlich populäre Musik in Auftrag zu geben, um sie gewinnbringend entweder auf Noten gedruckt zu verkaufen oder aber der ebenfalls jungen Plattenindustrie zum Kauf anboten.

Während sich die großen Verlage also in New York niederließen, gab es über Amerika verteilt hunderte kleiner Verlagshäuser. Wurde ein Lied ein lokaler Hit, zum Beispiel in New Orleans, kaufte einer der großen New Yorker die Rechte vom kleinen lokalen Verlag.

Die größten Musikhäuser ließen sich in New York City nieder, aber kleine lokale Verlage – oft verbunden mit kommerziellen Druckereien oder Musikgeschäften – florierten weiterhin im ganzen Land, und es gab wichtige regionale Musikverlagszentren in Chicago, New Orleans , St. Louis , und Boston . Wenn ein Lied ein bedeutender lokaler Hit wurde, kaufte eine der großen New Yorker Firmen die Rechte daran normalerweise vom lokalen Verlag.

Die Blütezeit der Tin Pan Alley

Die Verlagsbüros waren voller Leben. Überall gab es Proberäume mit dutzenden von Klavieren. Komponisten und Textdichter arbeiteten Tag und Nacht, der Strom an Variete-Künstlern, Sängern und Musikern riß nicht ab. Auch sogenannte „Song-Plugger“ gingen ein und aus. Die meisten waren Pianisten oder Sänger. Ihre Aufgabe bestand darin, die Songs ihres Auftraggebers vorzutragen, damit der Notenverkauf angekurbelt wurde. Denn die hauptsächlichen Umsätze kamen tatsächlich aus dem Verkauf von gedruckten Noten.

Aufstrebende Songwriter kamen in die Tin Pan Alley, um Stücke vorzuführen, die sie verkaufen wollten. Kam ein Geschäft zwischen Verlag und Komponist zustande, wurde oft der Name eines der Inhaber als Mitkomponist hinzugefügt. Hier ging es rein um das Abschöpfen von Lizenzgebühren, wenn der Verlag das Lied weiter verkaufen konnte. Andere Plugger wurden von den Verlegern eingesetzt, um zu reisen und die Öffentlichkeit mit ihren neuen Veröffentlichungen vertraut zu machen. Zu den Song Pluggern zählten George Gershwin , Harry Warren , Vincent Youmans und Al Sherman . Eine aggressivere Form des Song-Pluggings wurde als „Booming“ bezeichnet: Es bedeutete, Dutzende Tickets für Shows zu kaufen um dann den Song zu singen, den man bekannt machen und verkaufen wollte. Beim Verlag Shapiro Bernstein erinnerte sich Louis Bernstein, dass er seine Plug-Crew zu Radrennen im Madison Square Garden mitgenommen hatte: „Sie hatten 20.000 Leute dort, wir hatten einen Pianisten und einen Sänger. Wir sangen ihnen dreißig Mal am Abend ein Lied vor. Sie jubelten und schrien, und als sie nach Hause gingen hatten sie den Song im Ohr!“.

 

Wenn Varietékünstler aus den Vaudeville Shows in New York City auftraten, besuchten sie oft verschiedene Tin Pan Alley-Firmen, um neue Lieder für ihre Auftritte zu finden. Zweit- und drittklassige Interpreten zahlten häufig für die Nutzungsrechte an einem neuen Lied, während berühmte Stars kostenlose Kopien der neuen Nummern des Verlags erhielten oder dafür bezahlt wurden, sie aufzuführen. Die Verlage wussten, dass dies wertvolle Werbung war.

Zu Beginn wurden in der Tin Pan Alley melodramatische Balladen und lustige Songs veröffentlicht. Da der Fokus aber immer auf populärer Musik lag, wurden bald auch Cakewalk und Ragtime aufgenommen. Später kamen Jazz und Blues hinzu, wenn auch weniger vollständig, da Tin Pan Alley darauf ausgerichtet war, Lieder zu produzieren, die Amateursänger oder Kleinstadtbands auf gedruckten Noten spielen konnten. In den 1910er und 1920er Jahren veröffentlichte Tin Pan Alley Popsongs und Tanznummern im neu populären Jazz- und Bluesstil.

Lobbyarbeit zur Sicherung von Tantiemen

Am 11. Juni 1895 gründeten einige Verlage die „Music Publishers Association of the United States“ und setzte sich erfolglos bei der Bundesregierung für das Treloar Copyright Bill ein, das die Urheberrechtsdauer für veröffentlichte Musik auf 24 Jahre festgelegt hatte. Sie hätten gerne eine Verlängerung auf 40 Jahre erwirkt. Der Gesetzentwurf hätte, wenn er in Kraft getreten wäre, auch Musik zu den Themen gezählt, die unter die Herstellungsklausel des International Copyright Act von 1891 fallen. Und wurde abgelehnt.

Die American Society of Composers, Authors, and Publishers (ASCAP) wurde 1914 gegründet, um die Interessen etablierter Verleger und Komponisten zu unterstützen und zu schützen. Neue Mitglieder wurden nur mit Unterstützung bestehender Mitglieder aufgenommen.

Wann genau die etablierten Verlagshäuser begannen, die Tin Pan Alley zu verlassen, ist nicht belegt. Es war ein schleichender Prozess der sich über Jahre hinzog.

Erst in den 1960er Jahren zog auch der letzte Verlag in neue Bürogebäude in einem anderen Teil von New York.

Geblieben sind tausende von Songs, die noch heute bekannt sind. In Erinnerung sind große Komponisten, die Evergreens geschrieben haben. Bleiben wird ein kulturhistorisches Erbe der frühen amerikanischen Musik: Dem American Songbook.

Zu den führenden Komponisten und Textern von Tin Pan Alley gehören:

Milton Ager, Thomas S. Allen, Harold Arlen, Ernest Ball, Harry Barris, Irving Berlin, Bernard Biermann, George Botsford, Shelton Brooks, Lew Brown, Nacio Herb Brown, Irving Caesar, Sammy Cahn, Hoagy Carmichael, George M. Cohan, J. Fred Coots, Gussie Lord Davis, Kumpel DeSylva, Walter Donaldson, Paul Dresser, Dave Dreyer, Al Dubin, Vernon Duke, Dorothy Fields, Ted Fio Rito, Max Freedman, George Gershwin, Ira Gershwin, Oscar Hammerstein II, Charles K. Harris, Lorenz Hart, Ray Henderson, Ben Jerome, James P. Johnson, Isham Jones, Scott Joplin, Gus Kahn, Bert Kalmar, , Jerome Kern, Ted Köhler, Al Lewis, Sam M. Lewis, Frank Lösser, Jimmy McHugh, FW Meacham, Johnny Mercer, Halsey K. Mohr, Theodora Morse, Ethelbert Nevin, Mitchell-Gemeinde, Bernice Petkere, Maceo Pinkard, Lew Pollack, Cole Porter, Andy Razaf, Richard Rodgers, Harry Ruby, Al Sherman, Sunny Skylar, Ted Snyder, Kay Swift, Edward Teschemacher, Albert von Tilzer, Harry von Tilzer, Fats Waller, Harry Warren, Richard A. Whiting, Harry M. Woods, Allie Wrubel, Jack Yellen, Vincent Youmans, Joe Young,

Auszug berühmter Songs aus der Tin Pan Alley

 

A Bird in A Gilded Cage (1899), Ain’t She Sweet (1927), Alexander’s Ragtime Band (1911), All By Myself (1921), All of Me (1931), Am I Blue (1929), Are You Lonesome Tonight? (1927), Avalon in Two Different Keys (1920), Bei Mir Bistu Schoen (1932), Blue Christmas (1948), Blue Moon (1934), Bye Bye Blackbird (1926), Bye Bye Blues (1930), California Here I Come (1921), Careless Love (Traditional), Charleston (1923), Cheek To Cheek (1935), Chinatown My Chinatown (1910), Cleopatra Had A Jazz Band (1917), Cohen Owes Me Ninety Seven Dollars (1915), Come Josephine In My Flying Machine (1910), Come Take A Trip in My Airship (1904), Coney Island Washboard (1926), Corrina, Corrina (traditional blues), Crazy Words Crazy Tune (1927), Darktown Strutter’s Ball (The) (1917), Deep Ellum Blues (Traditional), Don’t Sit Under The Apple Tree With Anyone Else But Me (1942), Down By The Winegar Woiks (1925), Down In The Subway (1904), Exactly Like You (1930), Georgia on My Mind (1930), Glory of Love (The) (1936), God Bless America (1938), Good Bye Eliza Jane (1903), Honeysuckle Rose (1928), I Can’t Give You Anything But Love (Baby), I’m Gonna Sit Right Down and Write Myself A Letter (1935), It’s A Long Way to Tipperary (1912), It’s Only A Paper Moon (1933), Lady is a Tramp (The) (1937), Let It Snow! Let It Snow! Let It Snow! (1945), Lulu’s Back in Town (1939), Makin’ Whoopee (1928), Margie (1920), My Baby Just Cares For Me (1930), My Blue Heaven (1927), On a Slow Boat to China (1948), On The Sunny Side of the Street (1930), Pennies From Heaven (1936), Please Don’t Talk About Me When I’m Gone (1930), Red River Valley, Rudolph The Red Nosed Reindeer (1949), Santa Baby (1953), Santa Claus is Coming to Town (1934), Sweet Georgia Brown (1925), Sweet Lorraine (1928), Tennessee Waltz (1946), Up a Lazy River (1930), When You’re Smiling (1929), White Christmas (1942), Winter Wonderland (1934), Yankee Doodle Boy (1904), You Are My Sunshine, You’d Be Surprised,

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